Haydns Papagei

Autor:Susanne Stephan
Erscheinungsjahr:2015
Genre:Gedichtband
Verlag:Klöpfer & Meyer


Besprochen von Klaus Isele
Es gibt Gedichte, die gefühlsinnig oder mit großem sprachlichen Rauschen daherkommen. Dann gibt es auch kühle, intellektuelle Gedichte. Die neuen Gedichte von Susanne Stephan sind keines von beiden. Sie sind irgendwie zwischen diesen beiden Polen angesiedelt. Wie viele andere Gedichte auch. In der Mitte ist jedoch nicht gleichzusetzen mit Mittelmaß. Denn die Autorin Susanne Stephan beweist seit langem Ausdauer und Kontinuität in ihrer lyrischen Arbeit. Gedichte von ihr sind in vielen wichtigen Publikationen erschienen. Inzwischen liegen drei eigenständige Gedichtbände vor. Im neuesten, »Hadyns Papagei« betitelten Band drehen sich die Gedichte immer wieder um berühmte Komponisten und Sänger – ein musikalisch unterfütterter Lyrikband also. Doch da gibt es auch atmosphärisch aufgeladene Italiengedichte – sehr beeindruckend – oder Gedichte, die sich mit Malern wie Kandinsky oder Schriftstellern wie Georg Trakl oder August Stramm beschäftigen. Susanne Stephan scheint eine sehr gebildete Frau zu sein, was der Lyrikerin in ihr aber manchmal zum Nachteil gereicht: Zuviel Angelesenes, Angehörtes, Angeschautes bevölkert dann bildungsbeladen ihre Gedichte. Immer da, wo die Gedichte den Bildungsballast, den kulturellen Überbau mal abstreifen und sehr persönlich und privat werden, scheint eine Authenzität auf, die berührt, die etwas auszulösen vermag im Leser. Beispielsweise beim Zyklus »Allemande«, der von den 1960er Jahren in Deutschland berichtet. Ich persönlich hätte gerne mehr von dieser Sorte Lyrik gelesen.