Briefe aus Berlin

Feuilletons zwischen 1899-1902

Autor:Ferdinand Hardekopf
Erscheinungsjahr:2015
Genre:Prosaband
Verlag:Nimbus Verlag


Rezensiert von Brigitta Klaas Meilier
Dass der anhaltende Hype um Berlin bereits einen Vorgänger um die vorletzte Jahrhundertwende
hatte, belegen die Feuilletons eines zwischenzeitlich fast Vergessenen: Ferdinand
Hardekopf, Autor, Journalist, Dadaist und Übersetzer von u.a. André Gide, André Malraux
oder auch, gemeinsam mit Elisabeth Ihle, der Tagebücher Ramuz’, schrieb sie im Auftrag der
Eisenacher Zeitung. Die aufschlussreich annotierte Auswahl der rund zwei Dutzend „Briefe“,
darunter auch einige über München, zeigt uns die kulturelle Stadtwerdung Berlins mit seinen
aufblühenden Theatern, Galerien, Varietés, Bars, Cafés wie das riesige „Josti“ am Potsdamer
Platz, dessen Inhaber Migrant aus Sils Maria war und dort das palastartige Hotel Margna
hinterliess. Wie in einer Zeitblase lässt uns Hardekopf am brodelnden Leben der Stadt
teilnehmen, schildert mit freundlicher Feder und scharfem Blick die atmosphärischen
Veränderungen, die er in der eleganten Kleidung der Frauen wahrnimmt, wenn diese immer
mondäner durch die Friedrichstrasse flanieren, während München noch in bäuerlichem
Schlummer liegt. Im WK I ist damit Schluss, der bohemienhaft lebende Hardekopf flieht, hat
in Zürich Kontakt zu Dada, geht nach Frankreich und kehrt nach dortiger Verhaftung und
erneuter Flucht nach Zürich zurück, wo er 1954 stirbt.